Immer mehr Kartenzahlung: Verschwindet das Bargeld bald ganz?

Omas Sparstrumpf, gefüllt mit Münzen und Scheinen, ist ein Relikt aus grauer Vergangenheit. Bezahlungen, aber auch Sparpläne funktionieren heute ganz ohne Bargeld, mehr und mehr Menschen setzen auf Kartenzahlung oder virtuelle Zahlungen. Und damit ist heute so einiges möglich! Ob in Casinos einzahlen, die Pizzabestellung begleichen oder die Zahlung von Rechnungen beim Onlinekauf, alles ist mit der Karte möglich, Bargeld braucht es hierzu nicht. Aber welche Folgen hat das für Münzen und Scheine? Wird das Bargeld nach und nach ganz verschwinden? 

Mit der Karte zum Einkaufen – es wird immer häufiger

Durch äußere Umstände hat sich die Anzahl jener, die ihren Einkauf mit der Karte bezahlen, in den letzten zwei Jahren rapide vermehrt. Die Einzelhändler freut es und sie haben nichts dagegen, wenn Kunden auch Kleinstbeträge mit der Karte bezahlen. Aber welche Auswirkungen hat das auf die Gesellschaft und auf die Datensicherheit? Namhafte Datenschützer sind besorgt, dass der Wegfall des Bargelds möglicherweise das Phänomen des gläsernen Bürgers noch weiter verstärken würde. Doch tut es das auch wirklich?

Schon heute zeigen viele Konsumenten, dass die Nachverfolgung der Bezahlprozesse für sie kein Thema ist. Ob Cashback oder Kundenkarte, für persönliche finanzielle Vorteile geben Kunden ihre Daten sogar bereitwillig an, warum also zögern, wenn es um die Erleichterung der Zahlung geht? Bargeld hinterlässt keine Spuren, elektronisches Zahlen schon, doch Bargeld schafft auch Möglichkeiten für Betrug. 

Ob Falschgeld oder Schwarzgeld, durch Bargeldzahlungen bleiben Käufer und Verkäufer anonym. Regressansprüche im Betrugsfall sind kaum durchzusetzen. Die Zahlung per Karte oder E-Cash bietet zwar nicht die oft gewünschte Anonymität, sie schafft aber Sicherheit. Und natürlich auch die Möglichkeit der Kontrolle für den Staat. 

Kritikpunkt Datenschutz – wie haltbar ist die Kritik 

75 Prozent der Schweizer nutzen bei Käufen im Internet die Kreditkarte, beim Einkaufen sind 35 Prozent mittlerweile auf die Debitkarte umgestiegen. Und der oft monierte Datenschutz? Kritiker bemängeln, dass jede Kartenzahlung eine Spur hinterlässt. Zehn Jahre lang müssen alle Datenspuren aufbewahrt werden, die Bank hat eine Verpflichtung. Dadurch ist es theoretisch möglich ein Datenprofil zu erstellen, was ziemlich genaue Auskünfte über die Lebensweise des Einzelnen ermöglicht. Wer hat was in welchem Shop gekauft und warum? 

Die Daten geben einen Einblick auf die komplette Lebensweise. Es wurde ein Ring gekauft, es wurde das Aufgebot beim Standesamt gebucht, es wurde ein Catering-Service bezahlt und schon ist klar, dass der Verbraucher in Kürze heiraten wird. Wurde online gekauft, wäre es nicht verwunderlich, wenn vermehrt Werbung aus der Hochzeits-Branche im E-Mailpostfach des Käufers landen würde. Maximale Kontrolle für mehr Freizeit beim Zahlen? 

Es ist nicht abzustreiten, dass elektronische Zahlungen für Unternehmen und Konzerne eine große Bereicherung für zielgerichtetes Marketing sein können. Selbst ein gesellschaftlicher Einfluss ist natürlich vorhanden. Ohne Bargeld kann der Staat im Extremfall selbst lenken, was gekauft wird und was nicht. Wenn eine Person keinen Zugang zu Alkohol haben soll, darf sie ihn mit ihrer Karte einfach nicht mehr kaufen. Doch solche Horrorszenarien, wie sie gelegentlich aufgezeichnet werden, sind fiktiv und wohl kaum in demokratischen Ländern wie der Schweiz umsetzbar. Dennoch ist ein gänzlicher Verzicht auf Bargeld nicht ausschließlich positiv zu bewerten. 

Der Verbraucher gegenüber der Bank im Nachteil 

In demokratischen Staaten muss davon ausgegangen werden, dass sämtliche Datenschutzbestimmungen eingehalten werden, dennoch schafft die Kartenzahlung Banken und Konzernen einen Vorteil gegenüber dem Konsumenten. Für Verbraucher ist es ohnehin schon schwierig nachzuvollziehen, welche Daten bei welchen Unternehmen gespeichert sind. Durch die beinahe kontinuierliche Offenlegung von Daten beim Shopping mit der Karte wird es nahezu undurchsichtig. 

Ein gutes Beispiel für die Macht der Datensammlung ist der Bonitäts-Score. Die wenigsten Verbraucher sind sich darüber im Klaren, dass längst nicht nur das Zahlungsverhalten eine Rolle hat. Bürger, die ihre Rechnungen immer pünktlich begleichen, nie ein Inkassoverfahren am Laufen hatten und keine Kredite beantragt haben, können dennoch ein schwaches Schufa-Scoring haben. Das Einkaufsverhalten, die Social-Media-Aktivitäten, die Zahlungsbereitschaft am eigenen Wohnort – es fließen unzählige Daten mit ein, auf die der Bürger nur selten einen Einfluss hat. 

Bargeld und Kartenzahlung als Kombinationsangebot

Auch wenn sich viele Finanzexperten längst einig sind, dass Bargeld in spätestens 10 – 20 Jahren keine Rolle mehr in der westlichen Welt spielen wird, halten Datenschützer und Wirtschaftsmogule dagegen. Das Bargeld sichert die Anonymität, die zumindest in einigen Bereichen gewünscht und benötigt wird. Wer seinen Supermarkteinkauf mit der Karte bezahlt, gibt damit nicht viel Einblick in sein persönliches Leben. Datensammler könnten eventuell erfahren, dass statt Butter Margarine auf dem Tisch landet, doch welche Auswirkung hat das schon? Wer allerdings pikantere Einkäufe tätigt, Medikamente mit der Karte bezahlt, Erotikspielzeug, Schmuck für die Geliebte und vieles mehr, ist auf den Schutz durch Anonymität angewiesen. 

Einige Unternehmen befürchten, dass der Wegfall von Bargeld auch den Wegfall von Kundschaft zur Folge haben würde. Wer nicht möchte, dass seine Aktivitäten verfolgt werden, der schafft sich Alternativen. Denkbar wären zum Beispiel Kryptowährungen, die bereits seit 2009 eine große Rolle in der virtuellen Welt spielen. Kryptowährungen haben den Vorteil, dass sie gänzlich anonym genutzt werden können und dem Verbraucher damit den Wunsch erfüllen, der auch ans Bargeld gestellt wird!

Was aber bedeutet das für Händler? Die Tendenz ist dahingehend, dass mit wachsender Vernetzung der Kryptoszene immer mehr Akzeptanzstellen erwachsen werden. Anstatt mit dem Euro in Bar zu zahlen, wäre dann die Zahlung per Bitcoin möglich. Zwar auch elektronisch, aber immerhin nicht unter staatlicher und behördlicher Aufsicht. Wenn eines ist sicher: Kryptowährungen werden immer eine Sonderstellung behalten. Sie sind nicht staatlich kontrollierbar und selbst die geplante Einführung einer digitalen staatlichen Währung wird die Kryptoszene vermutlich nicht schwächen. 

Wahrscheinlichkeit der Bargeldschwächung hoch 

Bevor aber nun sämtliche Scheine und Münzen aus dem Verkehr gezogen werden, geht die Tendenz allerdings erstmals um die Reduktion und Schwächung des Bargelds. Derzeit wird vielerorts diskutiert, ob Kleinstmünzen verschwinden sollen. Die Begründung der EU-Kommission lautet, dass die Produktionskosten für 1- und 2-Cent-Stücke zu hoch seien und dass die Transporte in puncto Nachhaltigkeit nicht vertretbar sein. 

Allerdings ist, trotz Statement aus Brüssel, noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden. Auch die Auswirkungen, die allein der Wegfall von kleinsten Münzen haben könnte, ist noch nicht klar. Experten vermuten, dass sich parallel hierzu eine Preissteigerung etablieren könnte.

Bild Quelle: https://unsplash.com/photos/bqjswIxbhEE 

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