Frauen und Vorsorge – es ist kompliziert

Wie können sich Frauen in Geldfragen emanzipieren?

Frauen und Vorsorge: Die Migros Bank publizierte auf ihrem Instagram Kanal das IGTV Video “Steh dazu! Das Behauptungsexperiment“. Es ist im Rahmen einer Kooperation der Migros Bank mit Ellexx.com entstanden. Das Thema des Videos: “Geld ist eben auch Frauensache“. Warum ich die Message zwar gut finde, aber das beworbene Produkt dazu für ungeeignet halte, erzähle ich dir am Schluss vom Blogpost.

Mein Reaction Blogpost

Schauen wir uns zuerst das IGTV Video an. Das Format ist von der ZDF-Sendung “13 Fragen” inspiriert, bei dem die Gäste ihre Position bildlich einnehmen.

Kernaussagen aus dem Video: Frauen und Vorsorge

Ich habe einige Aussagen gesammelt, die cringe-worthy sind in Sachen Gleichstellung:

Ich bin heute schon der Meinung, dass eine Frau durchaus auch ihr eigenes Geld verdienen darf.

Älterer Herr in Grau

Das ist aber nett von ihm.

Frauen können nicht so gut mit Zahlen umgehen als Männer, darum interessieren sie sich weniger für Finanzen und Banking.

Frage von Moderatorin Nadine Jürgensen

Der ältere Herr findet, dass Frauen genauso kompetent sind wie Männer, aber dass sie selber etwas dafür tun müssen. Und sich nicht hinter den Scheffel des Mannes stellen sollen. Er ist der Meinung, dass man die Emanzipation auch leben müsse.

Damit bin ich völlig einverstanden! Bravo!

Mein Mann macht Finanzen, ich habe nichts mit dem Geld zu tun, ausser er gibt mir Geld und ich gebe es aus. Ich bin zufrieden. Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwo arbeiten zu gehen.

Vollblut-Mutter in Rot

Wenn sich Frauen nicht selbst um ihre Finanzen kümmern, dann ist die Altersarmut nicht weit. Warum interessieren sich eigentlich Frauen weniger für Geld als Männer?

Die Frau in Rot findet es richtig, wenn eine Frau dem Mann die Finanzen überlasst.

FALSCH. Finanzen sind nicht ein “Jöbbli” wie Rasen mähen oder Autoreifen wechseln. Finanzen müssen beide Partner können. Es gibt keine Ausreden.

Warum limitieren sich Frauen selbst? Warum machen sie sich in der heutigen Zeit so abhängig? Weil es bequem ist? Wenn nur eine Person in der Familie die Finanzen im Griff hat, wird das Abhängigkeitsgefälle zu gross.

Wie soll ich vorsorgen, wenn ich kein eigenes Geld habe? Wir haben so wenig Geld. Wir können nichts fürs Alter auf die Seite legen. Nicht, dass wir nicht wollen, aber wir können nicht. Wir haben uns entschieden, dass ich nicht arbeiten gehe. Wenn ich arbeiten gehen würde, könnte ich in die 2. und 3. Säule einzahlen, wir hätten viel weniger finanzielle Probleme. Aber ich wäre nicht glücklich und meine Kinder auch nicht.

Vollblut-Mutter in Rot

Für mich ist das die krasseste Aussage. Die Mutter ist sich bewusst, dass sie nicht fürs Alter sparen kann oder will. Sie nimmt es aber billigend in Kauf, weil es zuhause schöner ist als bei einer Erwerbsarbeit. Das Kindswohl ist meiner Meinung nach eine Ausrede. Es kann den Kinder nicht dienen, wenn die Familie jeden Franken umdrehen muss.

Natürlich finde ich es super, wenn eine Mutter liebevoll Zeit mit den Kindern verbringt, pädagogische Bastelarbeiten anbietet und Bio-Kost zubereitet. Aber das heisst nicht, dass sie nicht auch für ihr eigenes Geld sorgen muss. In 20 Jahren sind die Kinder aus dem Haus. Was dann?

Mann und Frau können sich gleichwertig um die Kinder kümmern und gleichwertig Geld verdienen. Dass die Kinder glücklicher seien, wenn sie 100% zuhause ist, ist eine reine Interpretation der Mutter.

Als Frau kein eigenes Geld verdienen und sparen? Ein No-Go!

In der heutigen Zeit ist es komplett falsch, als Frau kein eigenes Geld zu verdienen und nichts in die 2. Säule einzuzahlen. Wenn man dann auch noch die private Vorsorge ausser Acht lässt, wird es ganz eng. Es ist ein Muss, privat vorzusorgen mit einem Notgroschen, Aktien, ETFs oder meinetwegen mit einer aktienbasierten Säule 3a. Vollzeit-Hausfrau zu sein kann man sich heute nur noch leisten, wenn der Mann wirklich sehr gut verdient und die Altersvorsorge der Frau finanziert. Aber will man wirklich als Frau so abhängig sein? Das könnte ich mir nicht mehr vorstellen in unserer emanzipierten Frauen-Welt. Und welcher Mann will die gesamte Vorsorge der Frau bezahlen? Würd ich als Mann nicht machen.

Klumpensrisiko

Wenn nur eine Person das Geld verdient, entsteht ein Klumpenrisiko. Was passiert, wenn der Mann unerwartet verunfallt oder stirbt? Wenn die Frau nie gelernt hat, mit Geld umzugehen und kein Notgroschen vorhanden ist, dann hat sie neben der Trauer ein noch massiveres Problem. Vor allem, wenn ein Haus im Spiel ist. Oder die Frau möchte sich trennen und hat kein Fuck-you-Money? Dann muss sie aus finanziellen Gründen beim Partner bleiben. Eine Möglichkeit für den Ernstfall ist eine Todesfallversicherung.

Die Moderatorin bestätigt: “Fast jede fünfte Frau in der Schweiz ist von Altersarmut betroffen.”

Und trotzdem wird die Businessfrau in der Runde mehr angegangen, weil sie arbeiten geht, als die Frau, die zuhause bleibt.

Weiter fragt die Moderatorin: “Frauen können besser investieren?”

Ja, sie sind vorsichtiger und geduldiger und die Depots performen auf längere Sicht besser als die der Männer. Eine ganz tolle Chauvi-Aussage des älteren Herrn folgt postwendend:

Es wird dann an der Börse kritisch, wenn eine gewisse Kategorie von Berufsleuten und Frauen (!) anfangen zu investieren, da muss man aufpassen.

Älterer Herr in Grau

Hier kommt wieder das altertümliche Macho-Denken zum Vorschein. Was soll man dazu sagen? Ich finde es toll, dass durch die Online Broker endlich auch Normalverdiener und Frauen (!) investieren können. Warum sollte Investieren nur für Reiche und Männer (!) sein?

Nun ist die unterhaltsame Talk-Runde auch schon wieder vorbei. Schade, dass gewisse Frauen das Thema Frauen und Vorsorge aus freiem Willen so stark verdrängen wie die Mutter in Rot. Aber das ist gesellschaftliche Realität. Und deswegen entsteht u.a. Altersarmut bei Frauen. Was ist, wenn der Mann sich trennt und die Kinder sind schon aus dem Haus?

Wie können sich Frauen in Geldfragen emanzipieren?
Nicht nur vom Mann – auch von der Bank!?

Helga, Finanzbloggerin 🙂

Wir müssen selber verstehen lernen, welches Finanz-Produkt für unser Leben ideal ist und warum. Und sowieso: Vermögensaufbau ist für Mann und Frau wichtig.

Welche Meinung hast du zum Thema Frauen und Vorsorge?

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3 thoughts on “Frauen und Vorsorge – es ist kompliziert

  1. Grundsätzlich bin ich völlig einverstanden nur einen Punkt finde ich absolut nicht stimmig.
    Ich bin Alleinverdienerin und sorge für unser beider Altersvorsorge, was ich sehr gerne mache! Schliesslich haben wir uns gemeinsam entschieden, dass wir dies Erwerbstätigkeit so aufteilen und sind ein Team. Seine Arbeitsleistung zu Hause könnte ich mir gar nicht leisten.
    Auch der Scheidungs, Krankheits- & Totdesfall ist geregelt.
    Es geht um ein paar Jährchen in denen wenig bis gar nichts reinkommt. Die man gut regeln muss.
    Die Verantwortung für die Finanzen sind hälftig aufgeteilt. Er ist sogar besser abgesichert als ich, da er den Erwerbsausfall von mir überstehen müsste.

    Nur weil man Hausfrau oder -mann ist, ist man nicht abhängig!!! In der Ehe muss man einfach gut vorsorgen, kommunizieren und die Eventualitäten abdecken!
    Mein Mann kann sich ehrenamtlich engagieren und jederzeit wieder selber Geld verdienen, falls dies notwendig wird.
    Ich finde es absolut schade, dass hier Hausfrauen & -männer so negativ abgestempelt werden. Wenn der Erwerbstätige und der Partner zu Hause das nicht gemeinsam regeln, sind sie beide dafür verantwortlich, schliesslich hat man sich auch (sagen wir mal im Normalfall) gemeinsam dafür entschieden.

    Wir leisten uns den Luxus einer Privatbetreuung unserer Kinder und stehen absolut dahinter! Und eine andere Aufteilung wäre finanziell ein nicht unwesentlicher Rückschritt!

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